27. Mai 2014

"Erinnerungen an Schloss B." von Jean P.

Schloss B. #1
War ich möglicherweise grenzenlos? Konnte ich deshalb keine Grenzen setzen, weil ich einfach keine hatte?
Ich erschrak bei diesem Gedanken. Wo waren sie geblieben? Wie weit musste ich noch laufen, um an sie zu gelangen?
Jedes Wesen braucht doch eine Grenze!


In die Schmerzen, die nichts Lustvolles mehr hatten, mengte sich die Erinnerung, wie schön es doch war - damals, zwischen ihm und ihr. Damals, als ihr lustvolles Spiel begann.
Wie prickelnd es war, seine Hand oder auch die von ihm geführte Gerte auf ihrem entblößten Po zu spüren. Wie erregend es war, wenn er sie bestrafte. Züchtigte für Fehler, die nur ihm und ihr als solche erschienen.
Rituale ihrer Innigkeit, die in der Sehnsucht gipfelten, endlich von ihm genommen zu werden.
Wo war das nur geblieben?
Wo war er nur geblieben?

aus: "Erinnerungen an Schloss B." von Jean P.
221 Seiten
ASIN: B00FX2EJSY
Verlag: Telegonos
Teresa hat in ihrer Zeit mit Jean nicht nur größte Lust erlebt, sondern in den immer heftiger werdenden SM-Spielen auch Grenzen erreicht und sich oft gefragt, wie weit sie bereit ist, zu gehen. Zunächst unklare Ereignisse haben Teresa und Jean zunächst entzweit.
Nun beginnt Teresa einen Briefwechsel mit Jean und schildert romanhaft die Geschehnisse der Vergangenheit.

In ihren Erzählungen knüpft sie an einen gemeinsamen Besuch bei Freunden an. Immer schneller und immer tiefer gerät sie in einen Strudel aus Lust, Unterwerfung und Hingabe. Während eines Festes auf dem barocken "Schloss B." treiben Schmerz und Demütigung Teresa an ihre Grenzen. Nur der Gedanke an ihren Geliebten, an Jean, hilft ihr, nicht den Mut zu verlieren.

Bald erkennt sie auch, dass alles, was geschieht, ein Spiegel ihrer Seele ist. Sie erkennt, dass sie nur an ihr Ziel kommt, wenn sie aktiv mitgestaltet statt passiv zu bleiben.

Im Laufe des Briefwechsels verarbeitet Teresa nicht nur die Erlebnisse auf "Schloss B.", sondern nähert sich auch Jean wieder an. 
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Mit "Erinnerungen an Schloss B." ist es Jean P. gelungen, widersprüchliche Gefühle in mir zu wecken.
Im ersten Teil des Buches fiel es mir zeitweise wirklich schwer, weiterzulesen! Es fällt so leicht, sich mit der Protagonistin Teresa zu identifizieren, dass ihre Zweifel und ihre Zerissenheit extrem gut bei mir ankamen. Es gab Szenen, in denen ich stellvertretend für Teresa "STOPP!" schreien wollte.

Jean schafft es, dem Leser wirklich deutlich zu machen, was dieser Sog der Unterwerfung eigentlich bedeutet. Wie verschwommen Grenzen sind.


Ich glaube, ich habe es bisher selten erlebt, dass ich mich in einen Protagonisten so gut hinein fühlen konnte wie in Teresa. Ich kann das zwar generell und mache es manchmal auch zu stark - aber bei Teresa war es irgendwie anders. Ihre Zerrissenheit kam gut bei mir an, glaube ich. Ich frage mich, ob sie sich auch manchmal so überrumpelt, allein gelassen und unsicher gefühlt hat, wie ich es für sie gefühlt habe?
Manches Mal habe ich mir gedacht, das geht zu schnell. Was ist los? Wo ist Jean? Was passiert hier? Will sie das wirklich? Wie weit will sie gehen? Kann sie noch abbrechen? WILL sie noch abbrechen?

Ich fühlte mich besonders in den Szenen, in denen deutlich wird, dass sich alle außer Teresa wohl schon länger kennen und jeder weiß, was los ist, was passiert, so allein. An Teresas Stelle. Umso schöner waren die Momente, in denen Jean sich um Teresa kümmert und sie doch irgendwie "beschützt".

Was ich von Eva halte, wusste ich in diesem Buch lange nicht genau. Auch sie ist in kurzen Momenten wieder so liebevoll, doch dann geht das Spiel wieder voll weiter. Eva zieht Teresa in den Strudel des Sklaven-Daseins. Doch inwiefern will Teresa es? Was will Jean? War da wirklich ein wenig Wehmut, als Teresa zugestimmt hat? Wäre Jean sonst wirklich mit ihr gegangen?
Und das 'Spiel'... ist es überhaupt noch ein Spiel? Oder ist es nicht schon längst bitterer Ernst?


Ich war immer gespannt, wie es weiter geht, aber ich hatte auch "Angst" davor, wie es weiter geht. Vielleicht hatte ich auch immer im Hinterkopf, dass irgendwas zur Trennung von Jean und Teresa sowie Eva und Teresa führte? Vielleicht war es die unbewusste Angst, dass es doch zu weit geht und vor allem die Beziehung zwischen Jean und Teresa daran zerbricht?
Das Verlangen, das Buch zu beenden und Teresa so zu "erlösen", war manchmal wirklich groß. Doch ich bin wie sie: Die Neugier war größer. Ich musste wissen, was noch passiert!

Meine Erleichterung war riesig, als sich im zweiten Teil alles wendete. Ich habe vorher so sehr mit ihr mitgelitten, dass es schön war, zu lesen, wie sie sich wehrt. Und zwar nicht indem sie flüchtet, sondern indem sie aktiv in das Geschehen eingreift!
Auf jeden Fall war der zweite Teil deutlich einfacher zu lesen, da weniger nervenaufreibend! Nicht dass der erste Teil schlecht gewesen wäre! Aber die Emotionen kamen für mein schwaches Gemüt zu sehr bei mir an *seufz* Aber vielleicht ist dadurch der erste Teil eigentlich der bessere? Aber besser kann man auch nicht sagen, weil der zweite Teil mindestens genauso gut ist - wenn auch anders. Ich glaube, ich versuche gar nicht erst, die beiden miteinander zu vergleichen ;-)
Lest einfach selbst und bildet euch eure eigene Meinung! 


Wie bei Jean P. üblich, bleibt aber doch wieder einiges offen, wozu sich der Leser selbst seine Meinung bilden oder einfach zwischen den Zeilen lesen muss!

Der Schreibstil ist in "Erinnerungen an Schloss B." irgendwie anders als z. B. in "Teresas Begehren" oder "Liebesspiel", aber dadurch nicht schlechter! Dadurch wird deutlicher, dass hier nun Teresa die Geschichte erzählt und nicht - wie in "Teresas Begehren" - Jean. Die erotischen Szenen sind wieder sehr stilvoll - nicht 'billig', aber trotzdem sehr detailliert. Perfekt!


Abschließend bleibt eigentlich nur, dass das Buch einfach grandios ist! Es ist definitiv empfehlenswert und lohnt, gelesen zu werden! Allerdings ist es keine Geschichte für zwischendurch, sondern trifft den Leser mitten ins Herz. 

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